Notwehrrecht ist Jedermannsrecht – Selbst bei Angriff von Erstklässlern gegenüber Schulpädagogen

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Das Oberlandesgericht Düsseldorf musste in einem Beschluss vom Juni 2016 über eine außergewöhnliche Körperverletzungskonstellation entscheiden. Fraglich war, ob sich ein Schulpädagoge vollumfänglich auf das Notwehrrecht aus § 32 StGB berufen kann, wenn er von Kindern der ersten Klasse körperlich angegriffen wird.

Dem Fall liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Schulpädagoge wurde als 1-Euro-Kraft in einer Gemeinschaftsgrundschule in Düsseldorf eingestellt und beaufsichtigte dort während der Pause mehrere Erstklässler. Diese hatten ihn in ein Spiel involviert. Nachdem dieser jedoch geäußert hatte, nicht weiter spielen zu wollen und sich von den Kindern entfernte, so folgten ihm eine Vielzahl von Kindern und fingen an, denn Pädagogen aus „Spaß und Neugier“ zu schlagen und vereinzelt sogar zu bespucken. Als dieser äußerte, dass er sich nicht von den Jungs bespucken lasse und er nicht als dessen Fußabtreter abgestempelt werden will, provozierte dies erneut eine Spuckattacke seitens eines Erstklässlers.

Daraufhin hat der Pädagoge dem Jungen eine Ohrfeige verpasst. Die Kinder waren derart schockiert, dass Sie ihre Attacke sofort beendeten. Die Mutter des Jungen hat gegen den Erzieher einen Strafantrag aufgrund einer Körperverletzung gestellt.

Sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht Düsseldorf sahen in der Ohrfeige eine rechtswidrige Körperverletzung und verurteilten den Pädagogen demnach zu einer Geldstrafe. Dieser ließ sich jedoch diesbezüglich ein, dass er innerhalb seines Notwehrrechtes gehandelt habe und legte Revision gegen das vorinstanzliche Urteil zum Oberlandesgericht ein.

Das Oberlandesgericht entschied zu Gunsten des Pädagogen und hob die Entscheidungen der Vorinstanz auf. Die Ohrfeige sei laut Bewertung der Revisionsrichter gerechtfertigt gewesen und vom Notwehrrecht des § 32 StGB umfasst, denn die Schläge und das Bespucken durch die Mehrzahl der Jungen sind als rechtswidriger, gegenwärtiger Angriff zu werten.

Zudem stand seitens des Erziehers auch kein milderes Mittel zur Verfügung, welches die Attacke der Kinder gleich effizient sowie schnell beendet hätte. Dies sah man bereits am Ablauf der Attacken, welchen der Pädagoge durch verbale Einwirkungen entgegentreten wollte. Auch eine Flucht ins Schuldgebäude sei dem Angegriffenen nicht zumutbar gewesen, zudem wäre eine Verfolgung durch die Kinder nicht auszuschließen. Andere körperliche Mittel standen dem Pädagogen auch nicht zur Verfügung, so dass die Notwehrhandlung sowohl geeignet, erforderlich als auch geboten war.

Somit kam es zu einem Freispruch des Angeklagten.

Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss vom 02.06.2016  – 1 Ws 63/16 –

Hinweis:

Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gerne im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

Sven Skana

Fachanwalt Verkehrsrecht

Anwalt für Strafrecht

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