Vermummungsverbot bei Fußballspielen gilt auch nach Abpfiff auf dem Stadiongelände: §§ 27 Abs. 2 Nr. 2, 17a Abs. 2 Nr. 1 VersammlG

 In Veröffentlichungen

Die Richter des Oberlandesgerichts Hamm mussten sich im Jahr 2017 mit der Frage auseinandersetzen, ob ein vermummter Hooligan, welcher sich bereits im Fan-Bus seines Vereins auf dem Parkplatz befand, dennoch gegen das Vermummungsverbot aus §§ 27 Abs. 2 Nr. 2, 17a Abs. 2 Nr. 1 VersammlG  verstoßen kann.

Es liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der seinerzeit 21-jährige Angeklagte war Anhänger des VfB Stuttgart und besuchte im Mai 2015 ein Bundesligaauswärtsspiel in der Benteler Arena in Paderborn. Der Angeklagte reiste mit anderen Fußballanhängern in einem gemeinsamen Fan-Bus des VfB Stuttgart an, welcher auf dem zum Stadiongelände gehörenden Gästeparkplatz geparkt wurde. Nachdem der Abpfiff des Spiels erfolgte, gingen die Fans ihrer Wege und versammelten sich an den ihn zugeilten Reisebussen zur  gemeinsamen Abreise. Aus dieser Konstellation heraus kam es zu Fangesängen und Tumulten der Stuttgarter Fans, wobei auch verbotene Pyrotechnik gezündet wurde.

Die eingesetzten Polizeikräfte forderten die Anhänger daraufhin auf, sich ruhig zu verhalten, den Tumult aufzulösen und sich in die Busse zu begeben. Als der Angeklagte, welcher sich bereits im Bus befand und bis dato nicht aktiv an den Unruhen teilgenommen hat, dies bemerkte, begann er, sich mit einem roten Schal sowie einer Sturmhaube und einer Kapuzenjacke derart zu maskieren, dass lediglich die Augenpartien zu erkennen waren. Mit dem Ziel, die Tumulte unter Anonymität weiter anzuheizen und eine Identifizierung zu verhindern, verließ er den Bus und provozierte die eingesetzten Polizeibeamten auf dem Gästeparkplatz, in dem er von außen aggressiv mit der flachen Hand auf die Blechverkleidung des Fan-Busses einschlug. Nachdem die Beamten ihn erfolglos aufforderten, diese Handlungen zu unterlassen, drohten Sie ihm Gewalt im Sinne des unmittelbaren Zwanges an. Andere Anhänger des VfB Stuttgarts konnten ihn vor Eskalation der Lage wieder in den Bus zurückdrängen. Die Identität des Angeklagten konnte letztendlich seitens der Beamten festgestellt werden.

Die Staatsanwaltschaft Paderborn klagte den Beschuldigten wegen eines vorsätzlichen Verstoßes gegen das Vermummungsgebot aus dem Versammlungsgesetz nach §§ 27 Abs. 2 Nr. 2, 17a Abs. 2 Nr. 1 VersammlG an. Seitens des Amtsgerichts wurde eine Geldstrafe von 1600 € festgesetzt.

Die Berufungsinstanz wurde vor dem Landgericht Paderborn ausgetragen, welches die erstinstanzliche Entscheidung des Amtsgerichts bestätigte. Daraufhin legte der Angeklagte Revision zum Oberlandesgericht ein, welche jedoch erfolglos blieb. „Das Landgericht habe alle Feststellungen rechtsfehlerfrei getroffen“, beschlossen die Richter. Dies wurde wie folgt begründet:

Die Annahme, dass das Versammlungsgesetz in dieser Konstellation anzuwenden ist, haben die Vorinstanzen richtig entschieden. Auch Fußballspiele sind als „Veranstaltungen unter freiem Himmel“ zu interpretieren und fallen somit unter die einschlägigen Vorschriften des Versammlungsgesetzes. Während der besagten Vermummungstat war der Angeklagte auch noch auf der Veranstaltung gewesen. Diese endet bei einem Fußballspiel nicht etwa mit dem Abpfiff, sondern erst dann, wenn das Gelände vollends verlassen wurde. Der Gästebusparklatz könne nach den Feststellungen noch zum Stadion gezählt werden, denn der Angeklagte hat sich in unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem zuvor besuchten Spiel noch selbst innerhalb der Umzäunung des Stadions befunden sowie ein für ihn dort zur Verfügung stehendes Mittel zum Abtransport genutzt. Somit gelte das Vermummungsverbot selbst innerhalb der Busse auf dem Parkplatzgelände.

An der Vermummung selbst sahen die Richter aufgrund der derartigen Maskierung keine Zweifel, denn es war lediglich die Augenpartie des Täters zu erkennen. Sach – oder Rechtsfehler, welche eine Revision begründen würden, lagen demnach nicht vor.

§ 17 a [Schutzwaffen- und Vermummungsverbot]

(1) Es ist verboten, bei öffentlichen Versammlungen unter freiem Himmel, Aufzügen oder sonstigen öffentlichen Veranstaltungen unter freiem Himmel oder auf dem Weg dorthin Schutzwaffen oder Gegenstände, die als Schutzwaffen geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind, Vollstreckungsmaßnahmen eines Trägers von Hoheitsbefugnissen abzuwehren, mit sich zu führen.

(2) Es ist auch verboten, […]

Nr. 2. bei derartigen Veranstaltungen oder auf dem Weg dorthin Gegenstände mit sich zu führen, die geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind, die Feststellung der Identität zu verhindern. […]

§ 27 Abs. 2 Nr. 2 [Verstoß gegen das Verbot von Waffen, Schutzwaffen, Vermummung; Zusammenrottung]

(2) Wer […]

Nr. 2. entgegen § 17 a Abs. 2 Nr. 1 an derartigen Veranstaltungen in einer Aufmachung, die geeignet und den Umständen nach darauf gerichtet ist, die Feststellung der Identität zu verhindern, teilnimmt oder den Weg zu derartigen Veranstaltungen in einer solchen Aufmachung zurücklegt oder […] wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft (OLG Hamm, Beschluss vom 07.09.2017 – 4 RVs 97/17).

Hinweis:

Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gerne im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

Sven Skana

Fachanwalt Verkehrsrecht

Anwalt für Strafrecht

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