Scheinangriff durch nicht angeleinten Hund – mögliche Körperverletzungsanzeige gegen Hundeführer?

 In Veröffentlichungen

Das Landgericht Osnabrück hat in einer brandaktuellen Entscheidung aus dem Januar 2021 ein strafrechtliches Risiko für alle Hundebesitzer bewerten müssen. Die Richter mussten entscheiden, ob eine Körperverletzung seitens des Hundehalters gegeben sein kann, falls sein nicht angeleinter Hund einen anderen Passanten einen Schaden zufügt und dies auf einem Sorgfaltspflichtsverstoß des Herrchens /Frauchens beruht.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Eine 38 – Jährige lief im April 2020 spazieren. Als Sie das Grundstück des Angeklagten passierte, verließ dieser mit seinen beiden nicht angeleinten Schäferhunden sein Haus, um diese auszuführen. Als die beiden Hunde die Frau erblickten, rannten diese auf Sie zu. Als der Hundehalter dies bemerkte, schrie er lautstark, dass die Hunde von ihr ablassen und zu ihm zurückkehren sollen. Einer der beiden Hunde gehorchte aufs Wort, drehte noch vor dem Erreichen der Frau um und begab sich zu seinem Herrchen. Der andere Schäferhund dagegen sprang aus freundlicher Absicht in Richtung der Frau. Aus einer Panikreaktion heraus wollte diese den Hund mit ihrer zufällig mitgeführten Einkaufstasche abwehren. Dabei verlor Sie das Gleichgewicht und kam zu Fall, durch welchen Sie eine Halswirbeldistorsion (Schleudertrauma) sowie eine Kopfprellung davontrug.

Nachdem die Frau zu Boden gegangen ist, eilte der Hundeführer herbei, packte den Hund am Halsband und führte ihn unter geringem Widerstand des Rüden zurück ins Haus. Das Opfer stellte als Nebenklägerin einen Strafantrag gegen den Hundehalter, worauf eine Anklage wegen fahrlässiger Körperverletzung erhoben wurde. Das erstinstanzlich zuständige Amtsgericht verurteilte den Hundeführer nach einer fundierten Beweisaufnahme zu einer Geldstrafe von insgesamt 800 EUR (20 Tagessätze á 40 EUR).

Gegen dieses Urteil legte der Verurteilte Berufung ein. Grund dafür sei, dass dieser bestreitet, dass die Hunde jemals sein Grundstück verlassen und auf die Straße gelaufen seien. Sie haben lediglich im Wohnzimmer lautstark gebellt, als die Dame die Straße vor dem Haus des Hundeführers passierte. Aufgrund dieser Geräusche müsse sich diese wohl erschreckt haben und daraufhin gefallen sein, wodurch es zu den diagnostizierten Gesundheitsschäden gekommen ist.

Das für die Berufung zuständige Landgericht Osnabrück wies diese ab. Es gibt hinsichtlich der Beweisaufnahme keine Anzeichen, welche die Einlassung des Hundeführers untermauern. Die Richter weisen dem Opfer eine höhere Glaubwürdigkeit zu, da aus ihrer Sicht ihre Verletzungen zu dem geschilderten Sachverhalt passen.

Das Landgericht schließt sich hinsichtlich des Schuldspruches dem Amtsgericht an und sieht eine fahrlässige Körperverletzung nach § 229 StGB als erfüllt an. Aus Sicht der Kammer hat der Angeklagte in der spezifischen Situation seine Sorgfaltspflichten als Hundehalter verletzt. Er dürfe mit einem solch großen Hund wie einem deutschen Schäferhund nicht einfach die Tür ohne Begrenzung des Hundes zum Laufen auf die Straße öffnen, obwohl dieser in einer solchen Lage nicht aufs Wort höre. Objektiv wäre es in einem solchen Fall angebracht gewesen, den ungehorsamen Hund vor dem Öffnen der Türe vorsorglich anzuleinen, um eine solche Gefahrensituation zu vermeiden. Dieses sorgfaltswidrige Verhalten des Angeklagten habe das Risiko geschaffen, dass der Hund sich einer anderen Person unkontrolliert nähern könne und durch seine Präsenz eine Verletzung hervorrufen kann, wie es im obigen Fall aufgrund einer Abwehrhandlung geschehen ist. Vergleichbar etwa dem sogenannten „berühhrungslosen Unfall“ (Anm. d. Verf.). Diese Abwehrreaktion des Opfers war auch objektiv vorhersehbar.

Dennoch kam es zu einer Milderung des Urteils durch das Landgericht, da die Kammer die Tagessätze von jeweils 40 EUR auf 25 EUR abstufte, da sich zum Zeitpunkt der Berufung die Einnahmeverhältnisse des Angeklagten verschlechtert haben.

Landgericht Osnabrück, Urteil vom 20.01.2021 – 5 Ns 112/20 –

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Hinweis:

Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Wir informieren Sie auf jeden Fall gerne im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

Sven Skana

Fachanwalt für Verkehrsrecht

Anwalt für Strafrecht

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