Räuberische Erpressung? Haft wegen genötigter Herausgabe von illegalen Drogen mit Waffe
Der Bundesgerichtshof macht mit seinem Urteil vom September 2016 klar, dass das Strafrecht auch im sogenannten „Ganovenmilieu“ angewandt werden kann und auch illegale Rauschmittel unter den strafrechtlichen Begriff des schutzwürdigen Vermögens fallen.
Dem Urteil liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Im September 2012 sollte eine große Menge an Drogen an einen Zielort im Saarland ausgeliefert werden. Als auch Stunden nach der geplanten Ankunft der Bote immer noch nicht in Sicht war, beauftrage der Besteller des Rauschgiftes eine Person damit, den Kurier aufzufinden und unter Druck zu setzen. Als der Beauftrage den Drogenschmuggler ausfindig machte, bedrohte er diesen mit einer Schusswaffe und forderte die sofortige Herausgabe der Drogen oder einen Betrag von äquivalenten Betrag von 60.000 Euro in bar. Da das Opfer lediglich das bestellte Kilogramm Amphetamin dabei hatte, übergab er dies, um schwerwiegenden Verletzungen unter Drohung mit der Waffe zu entkommen.
Zeugen beobachteten den Vorfall und alarmierten die Polizei, welche sowohl den Kurier als auch den Erpresser ausfindig machen konnten, welcher die Behörden auch zum drahtziehenden Besteller der Drogen führte. Dieser wurde aufgrund des Vorfalls vor dem Landgericht Aachen wegen Anstiftung zur besonders schweren räuberischen Erpressung angeklagt und verurteilt, §§ 253 Abs. 1, 255, 250 Abs. 1 Nr. 2 lit. a StGB.
Dagegen wandte er sich mit einer Revision zum Bundesgerichtshof und argumentierte, dass der sogenannte erforderliche „Vermögensschaden“ beim Opfer gar nicht eingetreten sein könne, da die Drogen unter das Betäubungsmittelgesetz fallen und demnach nicht im strafrechtlichen Vermögensbegriff enthalten sind.
Die Richter des Bundesgerichtshof waren jedoch anderer Auffassung und bestätigten das Urteil des Landgerichts. Nach ihrer Ansicht kenne die Rechtsordnung im Bereich der Vermögensdelikte kein schutzunwürdiges Vermögen. Auch an Sachen wie illegalem Rauschgift, welches jemand aufgrund einer strafbaren Handlung besitzt und als Tatmittel zur Begehung geplanter Straftatet bereitstellt, könne unbeschadet ein Betrug oder eine Erpressung erwirkt werden.
Der Bundesgerichtshof bemisst den Vermögensschaden demnach an einem objektiven Maßstab des wirtschaftlichen Wertes auf dem freien Weltmarkt. Demnach haben auch Betäubungsmittel bei wirtschaftlicher Betrachtung einen erheblichen Wert und bieten deshalb einen ganz besonderen Anreiz, mit diesen Handel zu treiben.
Des Weiteren wäre es kriminalpolitisch fragwürdig, dass Strafrecht nur bis an die „Mauern des Ganovenmilieus“ reichen zu lassen und ab dort eine Grenze des „rechtsfreien Raumes“ zu schaffen, in welchem der Staat keinen Schutz biete. Dies würde den Tätern falsche Signale einer „Anarchiezone“ senden und müsse weitestgehend verhindert werden. Zudem würde der Gedanke der Einheit der Rechtsordnung untergraben.
Mit diesem Urteil setzt der Bundesgerichtshof neue Maßstäbe in Sachen Vermögensschutz und stellt sogar illegal erlangten Besitz oder Eigentum unter den Schutzmantel des Strafgesetzbuches.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 22.09.2016 – 2 StR 27/16 –
Hinweis:
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Sven Skana
Fachanwalt Verkehrsrecht
Anwalt für Strafrecht