Notwehr und Notwehrprovokation: Herumspringen und Kampfgeräusche des Wehrenden können Notwehrrecht einschränken

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Der Bundesgerichtshof hat sich in seinem Urteil vom Januar 2019 erneut mit dem speziellen rechtlichen Problem der sogenannten „Notwehrprovokation“ beschäftigen müssen, welche in bestimmten Fällen das allseits bekannte Notwehrrecht einschränken oder sogar komplett entfallen lassen kann.

Im vorliegenden Fall handelt es sich um folgenden Sachverhalt, über wessen die Richter aus Karlsruhe entscheiden mussten:

An einem Abend im September 2017 urinierte eine alkoholisierte Frau heimlich in einem Wartehäuschen eines Bahnhofs. Als ein Passant zufälligerweise an dieser vorbeiging, beanstandete er die Handlung, wodurch es zu einem ausgedehnten und erregten Streitgespräch zwischen dem Lebensgefährten der Frau und dem Passanten kam. Als sich die Situation verbal zuspitzte, zog der Lebensgefährte der alkoholisierten Frau  unbemerkt ein 7cm langes klappbares Jagdmesser, welches er in seiner Tasche mit sich führte und zeigte dies provokant in Richtung des Beschwerers.

Durch dieses Verhalten fühlte sich der Passant derart herausgefordert, dass dieser zu einem Schlag ansetzt. Um diesen rechtswidrigen, gegenwärtigen Angriff abzuwehren, stieß der Lebensgefährte dem anderen Mann das Messer in die linke Körperflanke. Dadurch kam es zu einer schweren inneren Blutung sowie einer Organverletzung.

Der Sachverhalt wurde erstinstanzlich vor dem Landgericht Dortmund verhandelt. Die Richter sahen den Messerstich problemlos  durch das Notwehrrecht nach § 32 StGB gerechtfertigt. Der Angeklagte wurde demnach freigesprochen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Staatsanwaltschaft, welche den Fall nach Karlsruhe führte.

Die Bundesrichter bemängelten, dass das Landgericht nicht ausreichend geprüft habe, ob der Beschuldigte den Schlagangriff des Passanten möglicherweise provoziert habe und demnach die Einschränkung seines Notwehrrechtes nach § 32 StGB in Betracht käme. Zudem wären die vorhanden Indizien für diese Prüfung ausreichend gegeben, denn nach den Feststellungen des Landgerichtes habe der Lebensgefährte sein Vorverhalten derart ausgeführt, dass er sogar vor dem Passanten herumsprang und diverse Kampfgeräusche von sich gab. Des Weiteren könne nicht nur diese Handlung bereits eine einschränkende Notwehrprovokation darstellen, sondern seitens der Richter bereits die vorherige verbale Auseinandersetzung ausreichen, um in dieser angespannten und aufgeheizten Situation den Angriff des Passanten herauszufordern und so eine Notwehrprovokation anzunehmen.

Unter den festgestellten Umständen könne auch nicht ausgeschlossen werden, dass der Lebensgefährte den Passanten sogar gezielt provozieren wollte, um sich unter dem Deckmantel des Notwehrrechtes an diesem zu vergreifen und so schadlos davon zu kommen. Dies gelte insbesondere in Anbetracht dessen, dass der Beschuldigte in dieser Situation unbemerkt ein Messer zog und es gegen den Passanten richtete.

Die Frage der Notwehrprovokation stehe somit offensichtlich im Raum und müsse daher ausgiebig seitens der Strafkammer des Landgerichts erörtert werden.

Da dieses zu dieser Problematik jedoch keinerlei Ausführungen machte, wies der Bundesgerichtshof den Fall zur Neuverhandlung an das Landgericht zurück.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 17.01.2019  – 4 StR 456/18 –

Hinweis:

Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gerne im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

Sven Skana

Fachanwalt Verkehrsrecht

Anwalt für Strafrecht

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