Kein besonders schwerer Raub, wenn Täter lediglich „neue“ Verhaftung wollte!

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Der Bundesgerichtshof (BGH) hat im April 2019 per Beschluss ein Urteil des Landgerichts Augsburg aufgehoben, in dem die Angeklagte wegen besonders schweren Raubes gem. § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von insgesamt vier Jahren und acht Monaten verurteilt worden war.

Nach den Feststellungen des Landgerichts sei die Angeklagte im Mai 2018 aus ihrer Haft entlassen worden und habe sich entschlossen unter Anwendung eines ursprünglich zu Selbstverteidigungszwecken angeschafften Pfeffersprays gewaltsam ein Mobiltelefon zu entwenden.
Sie sei hierzu am 15. Mai 2018 in der Innenstadt in Augsburg gezielt auf die Geschädigte zugegangen als sie diese mit einem Mobiltelefon der Marke „Samsung Galaxy S 7“ in der Hand erblickt habe und sprühte dieser sodann Pfefferspray in das Gesicht, um das Mobiltelefon an sich zu nehmen und es in ihre Hosentasche zu stecken. Nach nur wenigen Schritten wurde die Angeklagte schließlich durch Passanten und Polizeibeamte festgenommen.

Bei der Beweiswürdigung stellte das LG Augsburg hierzu allerdings im Urteil fest, dass es der Angeklagten einhergehend mit ihrer geständigen Einlassung sowie weiteren Zeugenaussagen zum Fluchtverhalten explizit darum gegangen sei, durch die Tat von der Polizei festgenommen und erneut einer Justizvollzugsanstalt zugeführt zu werden. Im Ergebnis bejahte das LG Augsburg dennoch die sog. rechtswidrige Zueignungsabsicht der Täterin im Rahmen des Raubtatbestandes nach § 249 Abs. 1 StGB.

Diese Bewertung sei allerdings rechtsfehlerhaft gewesen, sodass das Urteil aufzuheben war, so der BGH.

Der Raubtatbestand setze nach § 249 I StGB nämlich voraus, dass der Täter im Zeitpunkt der Wegnahme der Sache mit Zueignungsabsicht handele.

Nach der ständigen Rechtsprechung liegt eine solche Zueignungsabsicht dann vor, wenn der Täter sich unter Anmaßung einer eigentümerähnlichen Stellung die entwendete Sache oder aber auch ihren verkörperten Sachwert zumindest vorübergehend der eigenen Vermögenssphäre einverleiben (sog. Aneignung) und den Berechtigten dauerhaft aus seiner Gewahrsamsposition verdrängen (sog. Enteignung) möchte.

Geht die Täterin – so wie hier – allerdings davon aus, dass das Mobiltelefon infolge ihrer polizeilichen Ergreifung in der Folgezeit wieder an die Geschädigte zurückgelangen würde, fehlt es aber bereits an einer Aneignungsabsicht, sodass die Zueignungsabsicht generell ausgeschlossen wird. Unbeachtlich sei es laut BGH hierbei auch, wenn die Aneigung nur als mögliche Folge des Tatverhaltens durch die Täterin in Kauf genommen werde. Es bedürfe dann zur Annahme einer Zueignungsabsicht vielmehr der subjektiven Vorstellung der Täterin, dass die erstrebte Festnahme lediglich ein für sie nachrangiges sogenanntes Fernziel darstelle.

Einmal mehr zeigt die Entscheidung des Bundesgerichtshofs, dass im Strafrecht nicht immer alles so ist, wie es auf den ersten Blick scheint und sich eine Verteidigung auch instanzübergreifend regelmäßig lohnt!

Selbstverständlich wird sich die Angeklagte vorliegend zumindest weiterhin wegen der gefährlichen Körperverletzung gem. §§ 223 I, 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB wegen des Einsatzes von Pfefferspray zulasten der Geschädigten zu verantworten haben. Das Strafmaß für eine gefährliche Körperverletzung liegt allerdings mit 6 Monaten bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe beträchtlich unter dem eines besonders schweren Raubes nach § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB, welcher von einer Mindestfreiheitsstrafe von 5 Jahren ausgeht (BGH, Beschluss April 2019 – 1 StR 37/19)

Hinweis:

Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gerne im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

Sven Skana

Fachanwalt für Verkehrsrecht

Strafrecht

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