Heroingeschäft: der wirtschaftliche Vermögensbegriff aus strafrechtlicher Sicht
Die Richter des Bundesgerichtshofs hatten im Sommer 2017 über eine Revision (2 StR 335/15) zu entscheiden, welche sich mit dem wirtschaftlichen Vermögensbegriff bei strafrechtlichen Vermögensdelikten beschäftigt.
Zum Sachverhalt: Im vorliegenden Fall handelt es sich um ein Trio, welches aufgrund ihrer Heroinsucht einen Heroinverkäufer gewaltsam erpressen möchte, §§ 253, 255. Der D und die S sind ein Paar und stellen die Haupttäter dar. Der B ist lediglich dabei, da ihn D wahrheitswidrig erklärte, dass dieser lediglich sein noch vorhandenes „Guthaben“ vom Heroinverkäufer in Ware einfordern möchte. B willigte ein, versprach sich in der Sache jedoch keinen eigenen Vorteil. Während D und S nach Ankunft auf den Drogendealer einprügelten und die Herausgabe des restlichen Heroins forderten, rief B lediglich die Forderung laut aus und hielt gegen Ende den fliehenden Dealer am Arm fest. Nachdem der Dealer seine letzte Ware an das Trio herausgegeben hat, ließen sie ihn gehen. D und S konsumierten das mit Gewalt geforderte Heroin, B erhielt lediglich eine Belohnung von 20 €.
Der Senat diskutierte nun in diesem Fall, ob hier eine Abweichung von der dauernden Rechtsprechung bezüglich des Vermögensbegriff hinsichtlich der Herausgabe von Betäubungsmitteln gegeben ist. Zähle man die Betäubungsmittel, welche sowohl der Dealer als auch D und S ohne Erlaubnis besaßen, nicht zu dem strafrechtlich geschützten Eigentum, ist im vorliegenden Fall aufgrund mangelndem Vermögensschaden keine Erpressung nach §§ 253, 255 StGB gegeben. Als Argument nennt der Senat die gleichzeitige Strafandrohung wegen unerlaubtem BtM-Besitz (§§ 29 I S.1 Nr. 3, 29a I Nr.2 BtMG) und den Entzug dieses unerlaubten Besitzes durch Nötigung (§§ 253, 255 StGB). Dies stelle einen Widerspruch dar und führe zu einer mangelnden Legitimation einer Bestrafung unter dem Gesichtspunkt eines Vermögensdelikts.
Nach Beratung und Anfrage bei den anderen Strafsenaten des BGH wurde jedoch einheitlich entschieden, an der bereits gefestigten Rechtsprechung des wirtschaftlichen Vermögensbegriffes festzuhalten.
Demnach fallen auch Betäubungsmittel unter den Schutz des Vermögensbegriffes, da diese in einer wirtschaftlichen Betrachtung einen besonderen Wert besitzen und einen Anreiz haben, damit Handel zu treiben. Solange einem Gegenstand wirtschaftlich messbare Gebrauchsvorteile innewohnen, wie auch bei Betäubungsmitteln aufgrund ihrer Marktfähigkeit zu bejahen ist, soll der wirtschaftliche Vermögensbegriff anwendbar sein.
Somit ist auch im oben genannten Fall von einer vorsätzlich begangenen räuberischen Erpressung auszugehen, §§ 253,255 StGB (Bundesgerichtshof, Urteil vom 16.08.2017 – 2 StR 335/15).
Hinweis:
Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.
Sven Skana
Fachanwalt für Verkehrsrecht