Fahrverbot /Bußgeldverfahren & Alkoholfahrt: Belehrungspflicht der Polizei über Aussageverweigerungsrecht!
In dem vom OLG Bamberg zu verhandelnden Fall fuhr der Betroffene alkoholisiert im Straßenverkehr. Als die Polizeibeamten die Wohnung von ihm aufsuchten und ihn antrafen, fragten sie ihn, wo er herkomme und sein Auto sei. Sie erfuhren, dass er mit dem Pkw zum Getränkemarkt gefahren war und das Auto dann in der Tiefgarage abgestellt hatte.
Daraufhin wurden ein Atemalkoholvortest sowie eine AAK-Messung durchgeführt, nachdem der Betroffene als Beschuldigter belehrt worden war. Dann fand eine förmliche Anhörung statt, bei der der Betroffene die Alkoholfahrt zugab.
Der Betroffene wurde vom AG zu einer hohen Geldbuße mit einmonatigem Fahrverbot verurteilt. Die Überzeugung des Richters von der Täterschaft fußte nur auf den Aussagen der Polizisten über die Angaben des Betroffenen bei seiner ersten Befragung beim Antreffen an der Wohnung. Die Angaben im Rahmen der förmlichen Anhörung wurden nicht herangezogen. Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde vor dem OLG, die die unterbliebene Schweigerechtbelehrung durch die Polizisten vor der Befragung rügte, war erfolgreich. Sie führte zur Aufhebung des AG-Urteils sowie Zurückverweisung an das AG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung.
Dem OLG zufolge wurde bei der ersten Befragung des Betroffenen beim Antreffen an der Wohnung in dessen Aussageverweigerungsrecht nach §§ 55, 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. §§ 136 Abs. 1 S. 2, 163a Abs. 4 S. 2 StPO eingegriffen, weil sich der Befragte bereits in diesem Zeitpunkt in der Rolle eines Betroffenen befand und es sich nicht mehr um eine rein informatorische Befragung handelte. Die Betroffeneneigenschaft setze voraus, dass sich der Verdacht bereits so verdichtet habe, dass die vernommene Person ernstlich als Täter oder Beteiligter der untersuchten Tat in Betracht komme. Vorliegend wurde pflichtwidrig verkannt, dass sich der Tatverdacht des Führens eines Kfz nach Alkoholgenuss schon i.o.g. Zeitpunkt so stark verdichtet hatte, dass eine Belehrungspflicht bzgl. der Aussageverweigerung bestand. Der Verdacht ließ sich zum einen auf die Tatsache stützen, dass die Ehefrau des Betroffenen dessen Trunkenheitsfahrt gemeldet hatte und dieser unmittelbar nach der Fahrt angetroffen wurde, was darauf hinwies, dass er unterwegs gewesen war. Zum anderen war ein deutlicher Alkoholgeruch wahrnehmbar.
Nach Ansicht des OLG zog der Verstoß gegen die Selbstbelastungsfreiheit auch ein Beweisverwertungsverbot hinsichtlich der Angaben des Betroffenen gegenüber den Beamten nach sich. Das Gericht betonte, dass ein Beweisverwertungsverbot im Strafverfahren gerechtfertigt erscheine, wenn gegen eine Verfahrensvorschrift verstoßen werde, deren Zweck in der Sicherung der Grundlagen der verfahrensrechtlichen Stellung des Beschuldigten liege. Die in § 136 Abs. 1 Satz 2, 163a Abs. 4 S. 2 StPO verankerte Belehrungspflicht bzgl. des Aussageverweigerungsrechts des Beschuldigten verfolgt eben diesen Zweck, den Schutz der Selbstbelastungsfreiheit, um ein rechtsstaatliches und faires Strafverfahren zu gewährleisten.
Im Übrigen gelte das Verwertungsverbot für Äußerungen des Betroffenen ohne vorherige Schweigerechtbelehrung nicht nur im Straf- , sondern auch im OWi-Verfahren, auch wenn der BGH dazu bisher keine Stellung bezogen habe. Dies ergebe sich daraus, dass der Zweck der Belehrung in beiden Verfahren derselbe sei und der Betroffene, zumindest bei einer mündlichen Anhörung, wie der Beschuldigte i.d.R. unvorbereitet sei und sich ohne Ratgeber in einer für ihn ungewohnten Lage befände (OLG Bamberg, Beschluss 27.08.2018, 2 Ss OWi 973/18).
Hinweis:
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Sven Skana
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Strafrecht