Bengalos und Pyrotechnik im Stadion: Freiheitsstrafe ohne Bewährung möglich?

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Das Oberlandesgericht Hamm hat sich im Sommer 2018 mit der allseits bekannten Pyrotechnik-Problematik in deutschen Fußballstadien auseinandersetzen müssen. Die Richter aus Hamm setzten ein Zeichen gegen solch ein gefährliches Verhalten und verurteilten einen Fan zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten ohne Bewährung.

Dem Fall liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Ein damals 23 – jähriger Anhänger des FC Schalke 04 war einer der führenden Mitglieder der Fan-Gruppierung „Hugos“. Da es in diesem Umfeld des Öfteren auch zu körperlichen Auseinandersetzungen mit anderen Fan-Gruppierungen kommt, war dieser bereits strafrechtlich mehrfach aufgrund Körperverletzungsdelikten in Erscheinung getreten. Sein letztes Körperverletzungsdelikt zog eine einjährige Jugendstrafe mit sich, wessen Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Im November 2013 plante der Angeklagte zusammen mit weiteren Mitgliedern der „Hugos“ eine eingeübte Choreographie, welche während des Heimspiels des FC Schalke 04 gegen Eintracht Frankfurt im Fanblock gezeigt werden sollte. Bei dieser Inszenierung soll es sich vorwiegend um die ungerechte Ausschließung der Fangruppierung von bestimmten Auswärtsspielen handeln.

Zu Beginn der zweiten Halbzeit zeigte die Gruppierung ein Banner nach oben. 19 Mitglieder der „Hugos“ befanden sich in unmittelbarer Nähe zum Banner und entzündeten zeitgleich 19 Seenotrettungsfackeln. Diese verbreiteten toxische Rauchgase, durch welche acht unbeteiligte Stadionbesucher, unter anderem ein 12 Jahre altes Kind, zum Teil erhebliche Rauchgasverletzungen erlitten.

Konsequenz der Handlung war eine Verurteilung des Angeklagten vor dem Schöffengericht aufgrund gefährlicher Körperverletzung, gemeinschaftlicher Sachbeschädigung sowie etwaigen Verstößen gegen das Versammlungsgesetz. Das Strafmaß sei eine Freiheitsstrafe von einem Jahr sowie sechs Monaten, ohne dass deren Vollzug dabei auf Bewährung ausgesetzt wurde.

Um dennoch eine Strafaussetzung zur Bewährung zu erreichen, legte der Angeklagte Revision gegen das schöffengerichtliche Urteil zum Oberlandesgericht ein. Diese blieb jedoch erfolglos, denn das OLG Hamm hat das Berufungsurteil des vorher zuständigen Landgericht Essen bestätigt. Die Richter begründeten dies wie folgt:

Die gerügte Strafzumessung sei rechtsfehlerfrei. Die Zahl der Geschädigten sowie auch die Unbeherrschbarkeit der vom Angeklagten gezielt heraufbeschworenen Gefahrenlage seien extrem strafschärfend zu berücksichtigen. Zudem sei zu beachten, dass der Angeklagte bereits zuvor in regelmäßigen Abständen strafrechtliche Auffälligkeiten an den Tag legte und eine gesellschaftliche Besserung der Situation im Sinne der Straftaten nicht ersichtlich sei. Die notwendige positive Sozialprognose, welche für eine Bewährungsaussetzung notwendig wäre, wurde seitens des Landgerichtes zu Recht verneint. Dies sei auch zwingend notwendig gewesen, denn eine im Jahre 2012 verhängte Bewährungsstrafe habe den Angeklagten nicht von der Begehung weiterer Straftaten abhalten können.

Dennoch spreche andererseits auch für den Angeklagten, dass die Auswirkung einer vollstreckten Freiheitsstrafe seine berufliche Zukunft als auch seine bislang positiven Ergebnisse und Verlaufserscheinungen in seiner Schule – sowie Berufsausbildung stark beeinträchtigen und dementieren könnten. Dennoch haben die Richter des Schöffengerichts diese Auswirkungen bereits ausreichend und mit gebotenem Maße bei der Strafzumessung berücksichtigt, dass auch in diesem Fall kein Rechtsfehler ersichtlich ist.

Letztendlich war die Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verhältnismäßig, obwohl sich der Angeklagte noch im jugendlichen Alter befand.

OLG Hamm, Beschluss vom 11.08.2015 – 5 RVs 80/15 –

Hinweis:

Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gerne im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

Sven Skana

Fachanwalt Verkehrsrecht

Anwalt für Strafrecht

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