Raub oder Diebstahl? Armbanduhr durch Zug vom Arm entwendet = kein versicherter Raub, sondern lediglich Diebstahl
Das Kammergericht in Berlin hatte im Dezember 2019 eine interessante Kombination aus dem Versicherungsrecht als auch aus dem Strafrecht zu bescheiden. Ein „Bestohlener“ ging gegen seine Versicherung vor, weil diese die entwendete Armbanduhr nicht bezahlen wollte. In dem zugrundeliegenden Versicherungsvertrag wurde festgelegt, dass lediglich Raubhandlungen von dieser abgedeckt seien, einfache Diebstahlshandlungen jedoch nicht. Letztendlich liegt bei mangelndem bewussten Widerstand kein versicherter Raub vor.
Dem Beschluss liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger schloss nach Kauf einer Armbanduhr eine Versicherung für diese ab, welche bei fahrlässig hervorgerufenen Schäden als auch bei besonderen Fremdeinwirkungen, beispielsweise bei Raub durch einen Dritten, eine Ersatzleistung garantieren soll. Eines Tages war der Kläger in einem Park unterwegs, als er bemerkte, dass „etwas“ einen „Zug“ an seinem Arm hervorgerufen hat. Als er das Gefühl verspürte, zog er den Arm reflexartig nach hinten. Zu dieser Zeit hat ein Dritter jedoch bereits die Armbanduhr vom Handgelenk gelöst und die angehende Flucht ergriffen.
Unverzüglich meldete der Kläger den Vorfall bei seiner Versicherung. Dieser reicht die Beschreibung des Vorfalles durch den Vertragspartner jedoch nicht aus, um eine versicherte Raubhandlung anzunehmen. Somit sah die Versicherung sich nicht in der Pflicht, einzutreten.
Der Kläger wandte sich mit einer Leistungsklage an das Landgericht Berlin, um die Auszahlung der Ersatzsumme zu erreichen. Die Richter des LG zweifelten jedoch an dem genauen Tatgeschehen und wiesen die Klage ab.
Daraufhin legte der Kläger Berufung zum Kammergericht Berlin ein. Dort machte dieser gemäß § 513 Abs. 1 ZPO geltend, dass die Entscheidung des Landgerichts auf einer Rechtsverletzung nach § 546 ZPO beruhe, andererseits bestehen noch weitere Tatsachen, welche eine andere Entscheidung nach § 529 ZPO rechtfertigen. Jedoch konnte auch er die Richter des Kammergerichts nicht von seiner Auffassung der Abwehrhandlung überzeugen, weshalb auch diese die Klage abwiesen.
Der Kläger konnte durch seine Einlassung nicht glaubhaft machen, dass er im konkreten Zeitpunkt, als er das „ziehen“ am Handgelenk verspürte, sofort eine Abwehrhandlung vorgenommen hat, welche dann als „Widerstandshandlung“ ausgelegt werden kann, um die Wegnahme der Sache zu erleichtern und den Tatbestand des § 249 Abs. 1 StGB zu öffnen. Der Kläger habe vielmehr in diesem Moment noch nicht bewusst registriert, dass seine Armbanduhr das Objekt des Zugriffes war, was eher ein Indiz dafür sei, dass er die Wegnahmehandlung kaum bemerkte, somit erst Recht keine Widerstandshandlung ausgeführt habe.
Den Richtern fehlte es an der gezielten Widerstandshandlung des Klägers gegenüber dem Täter. Sei diese aufgrund der Schnelligkeit und des Geschickes der Wegnahme durch den Täter nicht gegeben, so dürfe nicht von einem Raub nach § 249 StGB, sondern vielmehr von einem sogenannten „Trickdiebstahl“ ausgegangen werden, welcher als normaler Diebstahl nach § 242 StGB gewertet werden muss.
Ein solcher Diebstahlsfall war jedoch im Versicherungsvertrag nicht enthalten. Der Kläger konnte sich auch nicht gemäß § 307 BGB darauf berufen, dass die Klauseln des Vertrages für ihn überraschend waren, weil dort explizit der Wortlaut des „Raubes“ benutzt wurde und auch einem juristischen Laien zugemutet werden kann, sich über die Versicherungsbedingungen selbständig zu informieren oder sich einer rechtliche Beratung zu unterziehen.
Kammergericht Berlin – Beschluss vom 06.12.2019 – 6 U 98/19
Hinweis:
Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.
Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gerne im Voraus zu allen anfallenden Kosten.
Sven Skana
Anwalt für Strafrecht
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