Schwerer Raub: Diebstahl unter Drohung mit einem Schlüssel erfüllt Voraussetzungen des nach § 250 Abs. 1 Nr. 1 b StGB = Zwingend Haftstrafe?

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Der Bundesgerichtshof hat im Sommer 2017 entschieden, dass das Verwenden eines Schlüssels als „Messerattrappe“ als Nötigungsmittel dazu geeignet ist, einen schweren Raub im Sinne des § 250 StGB anzunehmen, welcher eine Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren fordert und somit nicht mehr auf Bewährung ausgesetzt werden kann.

Dem Urteil liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Angeklagte klingelte spontan an einer Wohnungstür in einem Behindertenwohnzentrum. Das Opfer lag in ihrem Bett und öffnete mit einem automatischen Türöffner die Tür, in der Erwartung ihres Therapeuten. Als Sie den Angeklagten erblickte, gab sich dieser als Lieferant aus. Da das Opfer nichts bestellt habe, forderte Sie ihn auf, die Wohnung zu verlassen. Dieser sah sich stattdessen in der Wohnung um, um potenzielles Diebesgut zu erspähen. Nachdem er über die potenzielle Beute enttäuscht war, kehrte er zur alten Dame zurück, hielt ihr einen Schlüssel mit der Länge von sechs Zentimetern an den Hals und forderte die Frau auf, ihm alles Geld zu geben, welches Sie in der Wohnung aufbewahrte. Zum Zeitpunkt der Gewaltanwendung ging die Frau davon aus, dass es sich bei dem Gegenstand nicht um einen Schlüssel, sondern um ein Messer des Angeklagten handelt.

Die Frau ging der Forderung des Täters nach und zeigte ihm eine Schüssel mit Geld, in welcher sich 14 Euro (!) befanden. Dieser ergriff das Geld und ging seiner Wege.

Das Landgericht Aachen wertete den Schlüssel als „sonstiges Werkzeug“ im Sinne des § 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. b StGB und verurteilte den Angeklagten daher wegen der Begehung eines schweren Raubes. Dagegen wendet sich dieser mit einer Revision zum Bundesgerichtshof.

Dieser bestätigt die Entscheidung des Landgerichts und wies die Revision daher zurück. Die Richter aus Karlsruhe begründeten dies wie folgt:

Damit der Anwendungsbereich des § 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. b StGB nicht ausufert, ist es notwendig, ihm im Sinne der richterlichen Rechtsfortbildung zu begrenzen. Demnach reicht es nicht aus, wenn der Täter irgendeinen Gegenstand zur Überwindung des Widerstandes gegen Dritte einsetzt. Die Anwendbarkeit des § 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. b StGB sei zudem zu verneinen, wenn die Drohungswirkung des Drohungsmittels nicht auf dem objektiven Erscheinungsbildes des Gegenstandes selbst, sondern allein auf den täuschenden Erklärungen des Täters beruht. Denn liegt aus der Sicht eines objektiven Betrachters auf das äußere Erscheinungsbild die objektive Ungefährlichkeit des Gegenstandes offenkundig vor, so sei das Strafmaß des § 250 Abs. 1 StGB zu extrem und würde seitens der Handlung keine Rechtfertigung erlangen, denn die Schwelle der Gefährlichkeit der Lage wäre objektiv  nicht überschritten, sondern würde auf einer subjektiven Täuschung des Opfers beruhen.

Bezüglich eines haushaltsüblichen Schlüssels von ca. 6 cm Länge ist der Einzelfall entscheidend. Obwohl das Opfer glaubte, dass es sich hierbei um ein Messer handelt und somit die konkludente Täuschung des Täters im Vordergrund steht, handelt es sich seitens der Richter bei dem Schlüssel nicht etwa um einen harmlosen Gegenstand wie ein Plastikrohr oder einen Holzstock, welcher bei objektiver Betrachtung keinerlei Gefährlichkeit zugerechnet werden kann.

Der Schlüssel ist laut Aussage des Gerichts aufgrund seiner Kantigkeit und seinem Gewicht in besonderen Einzelfall dazu geeignet, erhebliche Verletzungen, v.a. im Halsbereich des Opfers bspw. durch Schnittbewegungen zu ermöglichen. Das täuschende Verhalten des Angeklagten, um die Drohwirkung mit dem Schlüssel zu erfüllen, steht der objektiven Gefährlichkeit des Gegenstandes nicht entgegen.

Die rechtlichen Feststellungen des Landgerichts Aachen tragen diese Behauptungen und sind somit keiner Rüge unterlegen. Die Revision wurde zurückgewiesen, dass Urteil des Landgerichts durch den BGH bestätigt.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.07.2017 – 2 StR 160/16 –

Hinweis:

Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gerne im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

Sven Skana

Fachanwalt Verkehrsrecht

Anwalt für Strafrecht

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